Ein Bogen zwischen Okzident und Orient
Sinfonisches Blasorchester der Musikschule Düren konzertiert mit Landesblasorchester und dem türkischen Pianist Betin Günes
Düren. „Musik hat keine Grenzen“, davon ist Betin Günes fest überzeugt. Der bedeutende türkische Pianist, Dirigent und Komponist versteht es, in seinen Werken musikalische Brücken zwischen westlicher Tradition und moderner türkischer Musik zu schlagen. Das hat er vor Dürener Publikum eindrucksvoll bewiesen. Einen Hauch von Bosporus versprühte der 53-jährige Betin Günes im Haus der Stadt zusammen mit dem Landesblasorchester NRW und dem Sinfonischen Blasorchester der Musikschule Düren, beide unter der Leitung von Renold Quade.
Einzigartige Kompositionen
Günes und Quade planten schon seit geraumer Zeit diese Zusammenarbeit, die darauf abzielt, mit derr barrierefreien Sprache der Musik das Thema Integration für alle erlebbar zu machen und Vorurteile gegenüber Fremdem abzubauen. Denn entgegen der landläufigen Meinung ist „türkische Musik, nicht nur offenes Autofenster und lautes Gedudel“, erklärte der in Köln lebende Günes. Türkische Musik lässt viele Farben und Klänge zu. Dies zeigen auch seine einzigartigen Kompositionen, in denen er einen kulturellen Bogen zwischen Okzident und Orient schlägt und den Zeitgeist einfängt, ohne die Tradition zu vernachlässigen.
In seinem Werk „Klavierkonzert“, das Günes selbst als Solist am Flügel meisterhaft vortrug, begleitet vom Landesblasorchester NRW, fächerte er im ersten Satz „Kültür“ die Vielfalt der weltweit vorhandenen Kulturen auf und symbolisierte sie durch unterschiedliche Rhythmen und Klänge. Mit dem zweiten Satz „Bosluk“ erlebte das Auditorium eine Welturaufführung. „Bosluk“ bedeutet Leere und meint das unendliche Universum, in dem sich fortwährend neue Horizonte eröffnen. Es ist Musik „mit einem besonderen Duft“, wie er sagt und in jedem Stück ist etwas Spezielles, Originelles enthalten. So spielt das rhythmische Element bei ihm eine große Rolle. „Wir haben in der Türkei ungefähr 75 verschiedene sogenannte hinkende Rhythmen, dazu 300 Tonskalen. Ein 9/8-Rhythmus ist nicht wie hier aufgeteilt in drei Dreier-Abschnitte, sondern in Zwei-Zwei-Zwei-Drei-Perioden.“ Die Mosaiksteine der Musik setzte das Multitalent anders zusammen und daraus ergibt sich eine Klangfarbe, die für mitteleuropäische Orhen ungewohnt ist. Auch das Orchester ist hier gefordert. „Günes benutzt 42 Taktarten, die zudem ständig wechseln“, erzählte ein Orchestermusiker.
Auch die sehr spritzige Komposition „Azeri“, ein Ausschnitt aus dem vierten Satz seiner 8. Sinfonie, hat einen 12/16-Rhythmus. Darin geht es um die Befreiung der Türkei durch Atatürk und die Gründung der Republik Türkei. Das Werk gliedert sich in ruhige, jubelnde, rhythmische und energische Passagen.
Umrahmt waren die Werke des genialen Istanbulers von neueren Kompositionen aus verschiedenen Stilepochen wie der „Symphonic Ouverture“ von James Barnes, den „Polowetzer Tänzen“ von Borodin oder der Filmmusik „The Incredibles“, die das Landesblasorchester spielte. Die jungen Musiker des Sinfonischen Blasorchestern betörten das Publikum im fast vollbesetzten Haus der Stadt mit der „Appalachian Overture“ von James Barnes, der Komposition „Fate of the Gods“ von Steven Reineke und „Gospel John“ von Jim Steinberg. Einen weiteren Akzent setzte Süleyman Akkas mit seinen jungen Baglama-Spielern der Musikschule Düren.
Dürener Zeitung, Sylvia Dietl