Brücke zum Bosporus geschlagen

Schöner Konzertabend mit dem Landesblasorchester, dem Sinfonischen Blasorchester der Dürener Musikschule und türkischen Künstlern. Tosender Applaus des begeisterten Publikums als „Lohn“

Düren. Sorgfältige Traditionspflege ist in allen Kulturen wichtig. In multikulturellen Gesellschaften ist es darüber hinaus wichtig, für den Alltag des gelebten „Jetzt“ Verbindungen zu schaffen, neue Entwicklungen zu ermöglichen und gemeinsame Perspektiven zu entwickeln. Gerade die Musik hat durch ihre barrierefreie Sprache hier große Möglichkeiten.
Renold Quade, Dirigent des Landesblasorchester NRW des VMB (LBO), des Sinfonischen Blasorchesters der Musikschule Düren (SBO) und Mitglied im dortigen Leitungsteam: Musik öffnet Welten, befähigt kulturelles „Nebeneinander“ und „Miteinander“ zu erleben, sie trifft ins Herz und lässt ohne Worte zu, dass Gedanken, Phantasien und Sehnsüchte zwischen den Kulturen ausgetauscht werden.

Überzeugendes Konzept
Gemeinsam mit dem türkischen Komponisten und Pianisten Betin Günes, der selber als Pianist mitwirkte, erklang ein viel beachtetes Konzert im Dürener Haus der Stadt. Abgerundet wurde die Veranstaltung mit dem Baglama-Ensemble unter Süleyman Akkas. Er unterrichtet etwa 20 Kinder und Jugendliche an der Musikschule Düren. Das LBO eröffnete das Konzert im Dürener Haus der Stadt souverän, spritzig und virtuos mit der „Symphonic Overture“ von James Barnes, einem Klassikerder Sinfonischen Blasmusik.
Die „Polowetzer Tänze“ von Alexander Borodin schlugen die Brücke vom Okzident zum Orient und verlangten neben aller Musikalität nicht nur den Solisten, sondern auch dem Orchestertutti virtuose technische Fähigkeiten ab.
Mit dem Klavierkonzert von Betin Günes, einer Uraufführung, wurde es dann spannend im Saal. Der Satz „Kültür“ verband verschiedenste Rhythmen und Klangstile, die vermitteln wollen, dass Kultur universell ist auf dieser Welt und sich in viele Richtungen immer weiter entwickeln wird. Der Satz „Bosluk“ (Leere) war inspiriert von der Weite des Universums und seinen unerforschten Energien.
„Azeri“, geprägt von ostinaten Trommeln und typisch türkischen Melodielinien, erfüllte wohl am offensichtlichsten erwartete Klischees ohne in Banalität abzugleiten. Es gab tosenden Applaus für die Musiker und den Komponisten.
Der zweite Teil des Konzertes gehörte dem jugendlichen SBO der Musikschule Düren und dem nicht minder jungen Baglama-Ensemble. Das SBO stieg ebenfalls mit einer Barnes-Komposition, der „Appalachian Overture“ ein und setzte mit Steven Reinekes „Fate Of The Gods“ fort. Das Publikum erlebte einen ganz anderen, nicht minder überzeugenden Orchesterklang, den die vergleichsweise jungen Bläser in feiner Klangbalance und differenzierter Interpretation wahrlich zelebrierten.

Von heiter bis grimmig
Auch sie hatten eine Komposition von Betin Günes im Programm, die „Vier Jahreszeiten“: Der Frühling hielt Einzeug mit schreitenden Klängen, die den einen ans „Mittelalter“, den anderen ans „Mittelmeer“ erinnerten, und es freut den Komponisten, dass die Menschen Assoziationen bei seiner Musik entwickeln. Im Zentrum des Sommers stand so etwas wie eine türkische Samba, der Herbst verschwand mit Dämpfertechnik und der Winter gab sich zum Teil recht stürmisch und grimmig.
Alle Beteiligten waren sich einig, einen tollen und verbindenden Konzertabend erlebt zu haben, der sich beim gemütlichen Ausklang im Bistro „da capo“ fortsetzte.

Dürener Nachrichten 20.05.2010